Neptun ist der äußerste bekannte Planet in unserem Sonnensystem. Er wurde 1846 entdeckt und hat 14 bekannte Monde. Neptun hat ein sehr feines azurfarbenes Ringsystem, das aus mehreren ausgeprägten Ringen und den ungewöhnlichen Ringbögen im äußeren Adams-Ring besteht. Die Ringe sind, wie auch die Ringe von Uranus und Jupiter, ungewöhnlich dunkel.
Neptun braucht ca. 165 Jahre um einmal um die Sonne und damit durch den Tierkreis zu laufen. Er verweilt ca. 14 Jahre in einem Tierkreiszeichen. Neptun ist der Herrscher des Tierkreiszeichens Fische.
Neptun ist wie Pluto und Uranus von der Erde aus mit dem bloßen Auge nicht sichtbar. Er befindet sich jenseits der Schwelle der ohne Hilfsmittel nicht sichtbaren Planeten unseres Sonnensystems. Die Grenze repräsentiert Saturn, welcher noch ohne Teleskop sichtbar ist. In der Astrologie können uns die transsaturnischen Planeten einen Einblick in das „Universum Nebenan“ geben, in die Realität und Wirklichkeit der unsichtbaren, nicht irdischen Welt.
Neptun in der griechischen Mythologie
In der griechischen Mythologie ist Neptun der Poseidon, der Gott des Meeres. Poseidon ist der Bruder des Zeus und des Hades. Vergleiche hierzu auch die Geschichten in meinen Artikeln über Pluto und Jupiter.
Poseidon war den Griechen nie ganz geheuer. Seefahrer beteten zu Poseidon für eine sichere Überfahrt. Sie versenkten Pferde im Meer, denn das Pferd war Poseidon heilig, was ihm auch den Beinamen Hippios einbrachte. Wenn er gut gelaunt war, erschuf Poseidon neue Inseln und ließ die See still und schiffbar sein. Wenn er zornig war, stach er mit seinem Dreizack in die Erde, verursachte so Erdbeben, Überschwemmungen und brachte Schiffe zum Sinken. Er konnte mit seinen Dreizack die Felsen zerbrechen und neue Inseln schaffen. Mit seiner schönen Gattin Amphitrite bewohnt er ein kristallenes Schloss tief unten am Meeresgrund.
Das Element Wasser und die höhere Oktave der Venus
Neptun ist der Herrscher des Tierkreiszeichens Fische und beide repräsentieren grundsätzlich die gleiche Energie. In der Astrologie ist Fische ein Wasserzeichen und das Letzte im Tierkreis. Einen Kurzabriss dieser Energie habe ich bereits in meinem Artikel „Kurztrip durch den Astrologie-Tierkreis“ beschrieben.
Wasser symbolisiert grundsätzlich den Bereich des Gefühls und der Seele. Aus diesem Grund kann sich der Mensch im Neptunbereich nicht auf seinen Verstand und auf seine Augen verlassen. Er muss seine Tastorgane, seine Ahnungen und seine feineren Sinne in Anspruch nehmen um sich hier zurechtzufinden. Auch die Wandlungsformen des Wassers, wie Dunst, Nebel und Wolken, was Unklarheit und Trübe symbolisiert, repräsentiert die Energie von Neptun sehr gut.
Neptun wird auch als die höhere Oktave der Venus bezeichnet. Die „irdische Liebe“ der Venus vermag er zur allgemeinen Menschenliebe und Gottesliebe zu weiten. Neptun steht deswegen auch für Religionen und religiöses Erleben. Die Sinnlichkeit der Venus steigert Neptun zum Übersinnlichen, zur Hellfühligkeit, Hellsehen, visionären Ahnungen und Inspiration. Er ist Symbol für feinstoffliche, übersinnliche Begabung, Mystik und Träume. Im Vordergrund steht jedoch bei ihm, im Gegensatz zur Venus, mehr die Seele, symbolisiert durch das Wasserelement. Den Wert und das Feingefühl der Venus steigert Neptun zu feinstem ästhetischen Empfinden. Ihre Einfühlungsfähigkeit zur weitest möglicher Identifikation mit einem Du und der Umwelt.
Menschen mit starker Neptun/Fische-Betonung (Sonne, Mond, Aszendent oder Aspekte) fühlen sich auch sehr oft „hautlos“. Neptun-Energie ist wie ein offenes System – nach innen zu den unbewussten Seelenschichten, nach außen zur Umwelt. Im Grunde genommen gibt es keine Abgrenzung, keine schützende Haut. Das Innen und Außen verfließt im Erleben und im Gefühl. Dadurch wird die Unterscheidung von Ich und Nicht-Ich und die Orientierung in der Welt erschwert und eben oft als „hautlos“ erlebt.
Um sich in dieses hautlose All-Eins-Sein einzufühlen stellt man sich z.B. ein Kind im Bauch der Mutter vor. Im Mutterbauch herrscht noch ozeanisches Erleben und völlige Symbiose für das Kind. Es gibt noch keine Trennung, kein Ich und Du.
Neptun – der Planet der Sehnsucht
Neptun wird auch als Planet der Sehnsucht bezeichnet. Der Sehnsucht nach der Befreiung aus enger Ich-Befangenheit. Neptun-Energie ist ein grenzauflösendes Prinzip. Empfindungen der Ewigkeit, des Unbegrenzten, Schrankenlosen gleichsam ozeanischen gehören zu ihm. Seine Energie ist durchlässig und hebt die Begrenztheit des Individuums und Grenzen auf.
Er ist ein völliger Gegensatz zu Saturn, welcher Grenzen setzt. Bei Saturn bedeutet Grenze das Trennende und die Abgrenzung, auch das zu schützende. Dagegen wird bei Neptun Grenze als Berührung, Verbindung und Übergang erlebt. Auch ist er ein völliger Gegensatz zu Uranus, welcher die Einmaligkeit des Individuums extrem betont. Uranus-Energie kann in blitzartigen Erkenntnissen Grenzen sprengen. Neptun dagegen löst diese in einem ungemein feinen Austauschgeschehen mit wechselnder Durchdringung zwischen Ich und Außenwelt, Bewusstsein und Unbewusstsein auf. Er symbolisiert das sich In-Beziehung-Setzen mit der kosmischen Umwelt.
Der österreichische Astrologe und Arzt Oskar Adler gab einmal eine Definition von drei verschiedenen Bewusstseinshaltungen des Menschen. Und zwar in Form von einem Stein im Wasser, einem Salzkorn im Wasser und von einem Tuch im Wasser. Der Stein im Wasser ist wohl die verbreiteste Haltung. Wir fühlen uns getrennt von einem Du und der Umwelt und sind nicht eins mit der Natur, der wunderbaren Schöpfung. Wir versuchen die Natur zu beherrschen, plündern die Ressourcen von Mutter Erde und spalten alles in Subjekt und Objekt.
Ein Salzkorn im Wasser ist das genaue Gegenteil. Es löst sich in kurzer Zeit auf, verbindet sich und wird eins. Dies ist ein schönes Bild für Neptun/Fische-Energie – dieses Gefühl des All-Eins-Sein. Dieses ozeanische Gefühl entspricht einer tiefen Sehnsucht im Menschen. Es geht hier um das Glück, das man nicht mit Namen nennen kann, wie Hermann Hesse es in einem seiner Gedichte beschrieben hat.
Das Tuch im Wasser symbolisiert den normalen Menschen im Alltag. Wir Menschen sind unterschiedlich, haben eine unterschiedliche innere Entwicklung und es gibt verschiedene Momente. So gibt es auch Tücher mit einer unterschiedlichen Durchlässigkeit im Wasser. Es gibt Momente in denen der abgrenzende Teil im Vordergrund steht und wichtig ist. Es gibt aber auch Momente, in denen wir seelisch heimkommen, das Einssein wieder spüren, kurzzeitig zum Salzkorn im Wasser werden.
Dies sind Momente des Glücks in denen man Zeit und Raum vergisst. Das kann in Momenten absoluter innerer Stille sein, z.B. bei einem Spaziergang in der Natur bei dem man alles wahrnimmt und sich mit ihr verbunden fühlt. Das kann bei schöner Musik oder auch beim Tanzen sein. Es kann auch bei einer liebevollen Begegnung mit einem anderen Menschen stattfinden, bei der eine Seelenverwandtschaft besteht. Dazu braucht es keine Worte um sich in den anderen einzufühlen. Aber auch in der Sexualität, wenn völlige Verschmelzung stattfindet.
Geniale Vision vs. Wahnsinn und Schattenseiten
Nirgends sonst ist die Grenze zwischen genialen Visionen, „kosmischen“ Eingebungen und Inspiration einerseits, realitätsflüchtiger Wundergläubigkeit und Wahnsinn anderseits so schmal wie hier. Es kann aber auch sein, dass heute etwas als irrational oder psychotisch angesehen wird, was morgen sich als visionär geschaute Wahrheit herausstellt. In seiner Fähigkeit zum Erahnen transzendenter Wirklichkeit und zu mystischer Schau lässt Neptun uns zum Medium werden, welches feinste Schwingungen erspürt. Diese kann sich zu einer Allverbundenheit steigern, indem wir uns als Teil des Kosmos fühlen und in der unser Alleinsein zum All-Eins-Sein wird.
Neptun-Energie ist Sinnbild der Fantasie, des sensiblen Chaos, des Geheimnisvollen, Okkulten, Mystischen und Transzendenten. Er verleiht Komponisten und Künstlern den Schlüssel um auf irdischen Instrumenten ewige wundervolle Melodien wiederzugeben oder Bilder und Gestaltwerke zu kreieren, welche uns tief in der Seele berühren. Er lässt uns die gewohnte „Realität“ zum Überwirklichen überschreiten, zum alles Umfassenden, Grenzenlosen in dem Raum und Zeit aufgehoben sind.
Die Grenze zu Einbildungen, Aberglauben, wahnhaften Spiritismus, rauschhafter Süchtigkeit, Halluzinationen, Selbsttäuschung und wirklichkeitsfremden Wunschträumereien ist hier aber sehr schmal. Auch Gase, Gifte, Rauschzustände, Lüge, Schwindel, Wirklichkeitsflucht, Rauschzustände, Sucht, Drogen und religiöser Wahnsinn gehören zu den Schattenseiten von Neptun.
Neptunenergie kann uns auch gefährden, wenn wir vor der Identität mit uns selbst ausweichen. Uns in zu frühen Grenzverwischungen zwischen Ich und Du und der Umwelt verlieren, bevor wir uns selbst gefunden haben. Dies führt zu konturloser Verschwommenheit und wahllosen Geöffnetsein für alles uns Erreichende. Es entsteht ein Bild eines planlosen Chaoten, der keine eigene Meinung, keinen eigenen Standpunkt kennt. Mit anderen Worten, dieser Mensch wird durch sein Umfeld ferngesteuert. Dieser Mensch lebt nicht, sondern wird gelebt. Dies kann manchmal zur völligen Selbstauflösung, Selbstauslöschung bis hin zu einer Todessehnsucht führen.
Jetzt lässt es sich verstehen, dass wir neptunischer Energie nur gewachsen sind, wenn wir einen stabilen Ich- und Persönlichkeitskern entwickeln und die Identität mit uns selbst gefunden haben. Ansonsten droht die Gefahr des wehrlosen Überflutet-Werdens durch die aufgenommenen Fremdeinflüsse und wir werden zum Ich-losen Menschen.
Das Haus in dem Neptun steht
Neptun verweilt durchschnittlich 14 Jahre in einem Tierkreiszeichen. Das Tierkreiszeichen durch das er „gefärbt“ wird ist somit, wie bei Pluto und Uranus, wieder eher ein Generationsthema und nicht so individuell bedeutsam für die Einzelperson. Die individuelle Bedeutung lässt sich somit wieder mehr von der Häuserstellung und den Aspekten im eigenen Geburtshoroskop ablesen.
Die Position von Neptun im Horoskop zeigt den Lebensbereich an, in dem ozeanisches Erleben möglich ist. Dies ist hautpsächlich der Themenbereich des Hauses in dem Neptun steht, aber auch alle anderen Bereiche was er durch Aspekte berührt. Es sind Bereiche der Spiritualität, der Meditation, genialen Visionen und Inspirationen. Aber auch zugleich ein Bereich des Leidens, denn die Lektion die Neptun verkörpert ist mit Hingabe und Akzeptieren verbunden.
Das Haus in dem Neptun steht verkörpert den Themenbereich in dem der Horoskopeigener seine feinsten Fühler und Antennen hat. Deswegen ist er in diesem Bereich instinktsicher und es kommt alles Wesentliche scheinbar ohne eigenes Zutun auf ihn zu. Hier wird er geführt und hat „kosmische“ Eingebungen.
Schwierige Neptunstellungen können aber auch Chaos, Verwirrung, Verzweiflung, Täuschung, Orientierungslosigkeit und Sucht anzeigen. Es mangelt auch oft an Differenzierung, verdichteten Wachstum, Konzentration und Handlungsfähigkeit weil alles verschwimmt, vernebelt und schwierig zu „greifen“ und zu begreifen ist. Genauso wie wenn man einen Fisch mit der Hand greifen möchte – er „flutscht“ einen häufig wieder weg.
Dafür ist dort das Geistige-Seelische, das tiefe Gefühl sehr gut entwickelt. Meist verdanken neptunbetonte Menschen ihre „Blicke in eine andere Welt“ einer fast krankhaften Überempfindlichkeit.
Die Botschaft von Neptun
Durch Neptun können wir den Mysterien des Lebens näher kommen. Diese erschließen sich nur dem, der bereit ist zum durchlässigen Medium für transzendente Wirklichkeit zu werden. Der sich selbst vergessen und sich „leer“ machen kann, um geöffnet zu sein für das Grenzenlose. Wer bereit ist bewusst die Kontrolle aufzugeben, die Dinge einfach geschehen zu lassen und mit dem Leben zu fließen, der wird von Neptun mit dem „namenlosen Vertrauen ins Leben“ reich beschenkt werden.
Dies ist kein Vertrauen im Sinne von Optimismus – alles wird gut werden, was auch immer gut heißt. Es ist ein Vertrauen, welches nichts mehr mit gut und schlecht zu tun hat. Ein Vertrauen darauf, dass alles was geschieht und geschehen wird genau so in Ordnung ist. Es ist ein Gefühl geführt zu sein, in dem man sich den Strom des Lebens anvertraut und nicht gegen ihn anschwimmt.
Schwimmt man dagegen mit Gewalt gegen den Strom des Lebens oder stellt sich bewusst dagegen, so wird Neptun seine Schattenseiten zeigen und Leid und Schmerz bringen. Wenn man dem Leben vorschreiben will, wie es gefälligst zu sein hat, dann hat man in neptunischer Hinsicht verloren. Wenn man dem „ich will mehr“, „ich will es besser“, „ich will es anders“ zu viel Bedeutung und Macht gibt, dann wird man immer unglücklich und unzufrieden sein.
Neptun kann man sich nur zum Freund machen, wenn man bereit ist Kontrolle und Macht in gewisser Weise aufzugeben. Das fällt willensbetonten Menschen oft sehr schwer und löst das Gefühl der Ohnmacht aus. Wer aber bereit ist Hilflosigkeit in Hingabe zu verwandeln und Kontrolle aufzugeben, der wird mit Vertrauen belohnt. Dies ist ein Geschenk, welches man erst bekommt, wenn man die Ruder seines Bootes über Bord wirft und sich von den Strömungen des Lebens dorthin treiben lässt, wo das Meer es will.