Der Bursche, der sich vor nichts fürchtete – „Rücksicht“ lernen

Der Bursche, der sich vor nichts fürchtete – „Rücksicht“ lernen

Wahrscheinlich hast du schon vermutet, dass das Märchen „Der Bursche, der sich vor nichts fürchtete“ viel mit Widder/Mars zu tun hat, da ja bei mir meistens ein Märchen passend zum vorigen Artikel folgt.

Unbequeme Widder-Kinder

Im ersten Satz erfährt man, dass das Märchen von einem tollkühnen Burschen handelt, der sich vor nichts fürchtet. Dieser wurde schließlich von seinen Eltern zum Pfarrer gegeben, damit dieser ihm Furcht beibringt. Wenn man über diese beiden Sätze jetzt etwas genauer nachdenkt und zwischen den Zeilen liest, handelt es sich hier um ein eher unbequemes Kind. Ein Kind was leicht stört und durch seine Lebhaftigkeit und lautes Wesen auffällt. Solche Kinder haben einen unheimlichen Bewegungsdrang, sind eher „Raufbolde“ und spielen anderen gerne einen Schabernack, mit oft merkwürdig geringer Einfühlungsfähigkeit für die Wirkung ihres Tuns.

Man gibt den Burschen zum Pfarrer, anstatt ihm genügend Bewegungsfreiheit und die Möglichkeit des austoben und ausprobieren Dürfens zu geben. Auch bietet man seiner Unternehmungslust keine Ziele an, die ihm Mut, Einsatzwillen und Durchhaltevermögen abverlangen. Genauso kann man ihn in der heutigen Zeit vor den Fernseher setzen, ihm ein Tablet mit Computerspielen in die Hand drücken oder Medikamente gegen Hyperaktivität geben. Hauptsache das Problem bzw. das Symptom ist schnell behoben und macht keine Mühe. Häufig wird mit einer Widder-Thematik so umgegangen, anstatt das man sich damit auseinandersetzt, mit ihr umgehen lernt, sie ins Leben einlädt und Lösungen findet.

Der unerlöste Saturn

Die Kirche, bzw. der Pfarrer symbolisieren in dieser Geschichte typische Saturn-Energie. In der Kirche geht es um Traditionen, was sich gehört und wie etwas zu sein hat. Vom Pfarrer soll der Bursche lernen wie Furcht geht, d.h. er soll den mahnenden, zurechtweisenden Zeigefinger heben um ihn in die „Herde“ einzugliedern, welche keine Individualität und Abweichung von der Norm zulässt.

Typisch für Saturn ist, dass der Pfarrer das Verhalten des Burschen wie er mit den Leichen umgeht verachtet und ihn fortschickt. Dabei ist er selbst ebenfalls nicht besonders achtsam mit den Leichen umgegangen. Er missbraucht diese für seine Zwecke und lässt diese einfach in den Gang der Kirche ablegen, damit der Bursche drüber stolpert. Saturn-Themen werden üblicherweise zunächst von uns verachtet und nur bei anderen Personen als äußerst verwerflich wahrgenommen.

Das dreigeteilte nachtaktive Gespenst

Auf seiner Wanderschaft kommt der Bursche nun in einen Ort, wo es spukt seit der Bischof verstorben war. Am Abend verlassen alle Leute das Gehöft, anstatt der Sache auf den Grund zu gehen. Das Dunkle soll im Dunkeln bleiben. Dies ist typische Angst vor Pluto-Energie, der dunkle Geheimnisse lüftet. Aber was ist das Geheimnis an diesem mysteriösen Ort?

Unser Bursche hat natürlich keine Angst und macht es sich am Feuer in der Küche bequem. Nun frägt das Gespenst dreimal ob es fallen darf. Hier haben wir somit wieder die mystische Zahl Drei, welche ich in meiner Märchendeutung „Das Mädchen ohne Hände – Handlungsfähigkeit“ schon einmal beschrieben habe. Aus religiöser Sicht steht die Zahl Drei für die Einheit von Gottvater, Sohn und Heiliger Geist und im Menschen für Geist, Seele und Körper. Das Gespenst setzt sich aus drei Teilen zu einem riesigen Menschen selbständig zusammen. Und dann hat es nichts anderes vor, als schnurstracks in das Vorderhaus an eine Geldkiste zu gehen, welche vorher scheinbar noch niemand entdeckt hatte?

Mit dem Geld wirft das Gespenst nun die ganze Nacht nur so um sich. Mit Geld um sich zu werfen heißt sprichwörtlich ja übersetzt verschwenderisch zu sein. Das Ganze macht es auch nur in der Nacht, wenn es in der Regel von Niemandem beobachtet und gesehen wird. Je näher der Tag kommt und es wieder Licht wird, desto eifriger wird es. Bevor es endgültig hell wird, ist das Geld wieder in der versteckten Kiste und es will schleunigst den Ort verlassen. Tja, jetzt frag ich dich, was war wohl das Geheimnis des verstorbenen, ach so heiligen, Bischofs?

Die zwölf Höhlenkrieger

Nun kommt unser Bursche zu der Höhle, welche von zwölf Höhlenkriegern bewohnt wird. Die Zahl Zwölf ist neben der Drei und der Sieben im Märchen ebenfalls eine besondere Zahl. Symbolisch steht die Zahl 12 für Vollkommenheit, Vollständigkeit oder Ganzheit. Sie ist das Produkt aus der Drei, welche das Göttliche symbolisiert und der Vier, welche das Symbol für Ordnung und das Rationale (Grundlage der menschlichen Naturordnung, z.B. die vier Elemente, die vier Jahreszeiten oder die vier Himmelsrichtungen) ist.

Am ersten Tag machte der Bursche ihnen, wie vereinbart, den Haushalt. Als die Krieger sich aber zur Ruhe gelegt hatten, nahm er sich einige Waffen und ging hinaus auf den Kampfplatz. Dort beobachtete er die Frau im blauen Gewande. Ohne sich überhaupt mit der Frau zu beschäftigen, tötet er sie. In seiner Haltung ist er dem Weiblichen gegenüber völlig ignorant. Zur Weiblichkeit, dem gegenüber sich unser Held völlig rücksichtslos verhält, möchte ich nachfolgendes Bild in diesem Zusammenhang noch gern aufzeigen.

Das große Weibliche hat wie alles zwei Seiten. Einerseits ist es das Leben spendende, anderseits aber auch die Todesmutter. Zum Beispiel ist die Nacht die Leben spendende Mutter, die jeden Morgen das Tageslicht aus ihrem Bauch entlässt. Jeden Abend kommt sie aber als schreckliche dunkle Mutter zurück und frisst das Tageslicht wieder auf. Auch werden wir aus dem Leib der Mutter geboren, und wenn wir sterben, kehren wir zu Mutter Erde zurück.

Widder symbolisiert den Monat der neuen Geburt. Die Vorstellung von Vergänglichkeit ist seiner Weltsicht völlig fremd. Zur Ganzheit und Vollständigkeit gehört jedoch genau dieser Gegenpol. Der Widder-Held oder die Widder-Heldin, muss den Gegenaspekt, nämlich Vergänglichkeit, akzeptieren, er oder sie muss Rücksicht lernen. Dies wird im Märchen durch den verkehrt herum aufgesetzten Kopf symbolisiert. Sein Hinterteil sehen bedeutet die Rückseite zu sehen, es ist also ein Bild der „Rück-Sicht“. Vorwärtsstürmen ist jetzt nämlich nicht mehr möglich und jetzt bekommt unser Bursche so richtig Angst und Furcht.

Widder ist symbolisch ein urmännliches Prinzip, was aber genauso gut in Frauen leben kann. Für Widder besteht die große Gefahr mit dem Weiblichen so umzugehen, wie es der Bursche in diesem Märchen tut. Ignoriert man das große Weibliche, dann kann es aber zur Rachegöttin werden. Das Weibliche wird in der Astrologie auch vom Mond symbolisiert und der Mond steht weiterhin für das Unbewusste und die eigenen Gefühle. Übersetzt heißt das auch, dass man auf sein Unterbewusstsein und auf seine Gefühle achten soll, ansonsten wird sich das irgendwann fürchterlich rächen.

Kollektiv ist in diesem Zusammenhang auch der rücksichtslose Umgang mit Mutter Erde und der Natur ein Thema. Wir machen uns die Erde untertan, anstatt im Einklang mit ihr zu leben. Somit provozieren wir ihre Rache, zum Beispiel in Form von Naturkatastrophen.

So, nun zurück zu unserem Märchen. Erst als sein Kopf wieder an der richtigen Stelle saß, kehrte die alte Furchtlosigkeit in sein Herz zurück. Aber seine Einstellung und sein Handeln wird sich sicherlich, nach dieser Erfahrung, verändert haben.

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